Wie täuscht man konzentriertes Arbeiten vor? Was haben Äpfel und Yoga damit zu tun? Leistungsverweigerer Felix Dachsel hat Strategien entwickelt, um sich unbemerkt unter fleißige Hausarbeiten-Schreiber zu mischen.
Es gibt etwas, das lässt die Zeit an der Uni noch zäher fließen als Referate: Hausarbeiten. Hausarbeiten sind die Ultra-Slow-Motion.
Die ersten drei Sätze, die ich je für eine Hausarbeit geschrieben habe, hießen: Mir ist langweilig. Mir ist langweilig. Mir ist langweilig. Man hatte uns kurz zuvor erklärt, wie man Hausarbeiten schreibt, Fußnoten, korrektes Zitieren und so weiter, und jetzt saß ich in der Unibibliothek in München und musste die erste Hausarbeit meines Lebens schreiben. Mir war klar, dass ich vor dem Beginn einer glanzlosen wissenschaftlichen Karriere stand. Wobei von diesen drei Worten - "glanzlos", "wissenschaftlich" und "Karriere" - eigentlich nur das erste zutraf.
Das Grausame war das Tippen der anderen, das unaufhörliche Klappern der Tastaturen. Ich saß an einem Tisch und sah mich um. Beinahe jeder hatte Ohropax und etwas zu trinken dabei. Sie saßen mit diesen Gummistöpseln im Ohr vor ihren Computern und tippten, tippten und tippten. Und weil ich nichts zustande brachte, begann ich darüber zu schreiben, was ich dachte und sah.
Das war der erste Schritt: Ich musste in den ewigen Chor von klappernden Tastaturen einstimmen. Ich schrieb: Mir ist langweilig. Mir ist langweilig. Mir ist langweilig. Ich habe Hunger. Ich habe Hunger. Ich habe Hunger. Ich bin müde. Ich bin müde. Ich bin müde. Zwischendurch blätterte ich angestrengt in den Büchern, die ich ausgeliehen hatte. So, wie die anderen das auch taten. Von außen gesehen, gehörte ich jetzt dazu: Ich saß gebeugt über meinem Computer, tippte unaufhörlich und blätterte zwischendurch in Büchern.
Neben mir saß eine, die ihrem Aussehen nach zur Polo-Armee zu rechnen war. Sie tippte so entschlossen auf ihrer Tastatur, dass jeden Moment ihr Computer in zwei Hälften zerbrechen musste. Ihr gesamter Leistungswille sammelte sich in ihrem Zeigefinger. Er kreiste suchend über den Tasten und schlug erbarmungslos zu, sobald er sein Ziel gefunden hatte. Und: Sie trug tatsächlich Wanderstiefel. Wenn sie aufstand, um ein Buch aus einem Regal zu holen, bebte die Erde wie bei "Jurassic Park".
Vor mir saß ein Profi. Das war nicht zu übersehen. Er war das Gegenteil der Dinosaurierfrau neben mir: Alles an ihm war geschmeidig. Er kämmte sich mit gespreizten Fingern durch die frisch geföhnten Haare, er ließ seine Hände über sein MacBook fliegen, und wenn er etwas trank, dann sah er aus, als sei er in Wahrheit Mineralwassermodel. Man hätte ihn wohl auch zu der Gruppe der Schönen rechnen können. Er stand auffällig oft auf, um vor den Regalen auf und ab zu gehen.